Rückblick: "Verwaltungsgerichtsbarkeit Neu"

Innen- und Kommunalpolitik
Dienstag,
9
.4.
2013
 
Wien
Vereinigung Sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen

Die Vereinigung Sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen im BSA hat zu einer Informationsveranstaltung hinsichtlich des größten verwaltungsreformatorischen Projektes der Zweiten Republik eingeladen, die große Resonanz hervorrief: Ca. 120 BesucherInnen waren der Einladung gefolgt. Als Referenten fungierten SC Dr. Gerhard Hesse, Präsident Mag. Harald Perl, Mag. Karl Pauer, die zunächst Impulsreferate vortrugen, anschließend fand eine Diskussion mit den zahlreich anwesenden BesucherInnen der Veranstaltung statt.

SC Dr. Gerhard Hesse, Bundeskanzleramt – Verfassungsdienst, stellte das mittlerweile in Gang gesetzte Vorhaben aus der Sicht des Gesetzgebers dar und erläuterte zunächst die jahrzehntelang im Vorfeld diskutierten Varianten für die Umsetzung des Vorhabens. Er stellte die letztlich beschlossene Gesetzgebung (BGBl. I 51/2012) sowohl in organisatorischer Hinsicht (Auflösung von ca. 120 Sonderbehörden auf Bundes- und Landesebene bei Implementierung eines neuen Bundesverwaltungsgerichtes, eines Bundesfinanzgerichtes und von neun Landesverwaltungsgerichten) wie auch den grundsätzlichen Systemwechsel (Bekämpfung erstinstanzlicher Bescheide bei einem unabhängigen Gericht) dar.

Präsident Mag. Harald Perl, derzeitiger Präsident des Asylgerichtshofes und zukünftiger Präsident des Bundesverwaltungsgerichtes, stellte die organisatorische Umsetzung des Vorhabens vor, wobei in Zukunft mit ungefähr 40.000 Verfahren aus verschiedenen Verwaltungsmaterien, die bundesunmittelbar vollzogen werden (zB. Asylwesen, Sozialrecht, Ausländerbeschäftigung,  Arbeitslosengeld, UVB, Datenschutz, Studienförderung, Vergabewesen, etc.), gerechnet wird. Er kam dabei auch auf die Besetzung der erforderlichen RichterInnenplanstellen zu sprechen und stellte das neue Revisionsmodell (der ZPO nachgebildet) beim übergeordnetem Verwaltungsgerichtshof vor. Er wies auf die allgemeine rechtsstaatliche Motivlage des Gesetzgebers auch in Hinblick auf die unionsrechtlichen und EMRK-rechtlichen hin.

Mag. Karl Pauer, Bereichsdirektor für Recht in der Magistratsdirektion Wien und Beauftragter für die Implementierung des Landesverwaltungsgerichtes Wien, ging zunächst auf Abgrenzungsfragen im Zuständigkeitsbereich zwischen Bundesgerichten (Bundesverwaltungs- und Bundesfinanzgericht) und Landesverwaltungsgerichten ein. Er behandelte auch die mit der Reform einhergehenden Auflösungen von besonderen Kollegialbehörden auf den Gebieten des Bau- und Abgabewesens und stellte dar, dass über die bisher beim UVS anhängigen Verfahren hinaus mit zusätzlich 10.000 weiteren Fällen für das Landesverwaltungsgericht Wien zu rechnen sein werde. Auch er brachte die organisatorischen Anforderungen aufgrund der neuen Struktur (RichterInnenbestellung, Gerichtsbetrieb, Gerichtsstandort und Administration) zur Sprache.

Tenor der Beiträge im Rahmen der allgemeinen Diskussion war, dass in Zukunft nicht die umfangreiche Behördenauflösung zum Schwerpunkt der Präsentation der Reform gemacht werden sollte, sondern der neue umfassende Rechtsschutz vor unabhängigen gerichtlichen Instanzen, frei von politischer Bindung und bei transparenter und überschaubarer Struktur.

Bericht: RA Dr. Friedrich J. Reif-Breitwieser

Veranstaltungsankündigung